Biografie
Joseph Haas wurde am 27. Januar 1889 als Sohn des Landwirts und Eisenwarenhändlers Robert Haas in Sachseln geboren, wo er zusammen mit sieben Geschwistern aufwuchs. Seine Mutter starb, als er sechsjährig war. Nach der Primarschule in Sachseln und der Realschule am Kollegium Sarnen absolvierte er von 1905 bis 1908 eine Flachmalerlehre im luzernischen Root. Nach einem Semester an der ersten Schweizer Malerschule in Zürich 1908, wo er Holz- und Marmorimitation lernte, begab sich Joseph Haas als Geselle auf Wanderschaft zum Bodensee, darüber hinaus ins Schwaben- und Bayernland, aber auch an den Genfersee. 1909 Rekrutenschule und leistet später, 1915, insgesamt 211 Diensttage bei der Grenzbesetzung.
Im Mai 1911 liess er sich in Rom nieder, wo er während zwölf Jahren im «Grand Hotel Excelsior» als Malergeselle («decoratore») und später als Malermeister angestellt war. Daneben nahm er seine eigene künstlerische Tätigkeit auf, betrieb Studien im Künstlerdorf Anticoli Corrado und erlernte autodidaktisch das Handwerk des Holzschnitts. 1918 wurde er erstmals zu einer internationalen Ausstellung in Rom zugelassen.
Im Sommer 1919 heiratete er die Italienerin Secondina Triverio aus Biella und nannte sich fortan Giuseppe Haas-Triverio. 1920 wurde dem Paar die Tochter Corinna geboren. Ab 1923 war er als freischaffender Künstler tätig und monogrammierte seine Holzschnitte in der Regel mit einem stilisierten «GHT» oder «HT». Wohnung und Atelier in Rom befanden sich in Monteverde (Trastevere), zuerst an der Via Lorenzo Valla 11, ab dem Jahreswechsel 1928/1929 an der Via Alberto Mario 27.
Zusammen mit seinem holländischen Künstlerfreund Maurits Cornelis Escher (1898–1971) unternahm er insgesamt fünf Studienreisen in die Abruzzen (1929), nach Kalabrien (1930), nach Sizilien (1932), nach Korsika (1933) und nochmals nach Sizilien und Malta (1935). Die vor Ort gemachten Zeichnungen dienten als Vorlage für die Umsetzung in Holzschnitte. Später unternahm Haas-Triverio weitere umfassende Reisen, die ihn nach Marokko, England, Holland, Skandinavien, Portugal, Griechenland, Syrien, Palästina und Ägypten führten.
Während des Zweiten Weltkriegs kehrte Giuseppe Haas-Triverio mit Frau und Tochter nach Sachseln zurück. Er erwarb Ende 1939 das Haus Seegüetli in Sachseln und richtete sich dort ein Atelier ein. Hier lebte und arbeitete er ab 1941 bis bis zu seinem Tod. Giuseppe Haas-Triverio starb am 9. Juli 1963 im Alter von 74 Jahren in Sachseln.
Das künstlerische Werk
Giuseppe Haas-Triverio hat eine stattliche Anzahl von Öl gemälden geschaffen: Land schaften, Porträts, Stillleben, Haus ansichten. Aber der Holzschnitt gilt als seine eigentliche Ausdrucksform. In dieser Hochdrucktechnik, die er virtuos beherrschte, hat er nationale und internationale Beachtung gefunden. Das Linol- und Holzschnittwerk ist quantitativ und qualitativ in Bezug auf die akkurate Schilderung des Geschauten beeindruckend, harrt aber noch einer umfassenden Aufarbeitung und Vermittlung.
Bei den druckgrafischen Blättern überwiegen Landschaftsmotive aus Italien, der Schweiz, Nordafrika und Palästina, vedutenhafte Darstellungen von Städten und Dörfern, Ansichten von Kirchen, antiken und barocken Baudenkmälern sowie von Kircheninterieurs, während die genrehaften Darstellungen, die Stillleben sowie die Motive mit Figuren in der Minderzahl sind.
Den Zeichnungen und Holzschnitten, die auf den Studienreisen gründen, die Haas-Triverio zwischen 1929 und 1935 zusammen mit seinem holländischen Künstlerkollegen Maurits C. Escher unternommen hat, kommt eine besondere Bedeutung zu. Diesem spezifischen und faszinierenden Werkkomplex widmen sich eine Ausstellung und Publikation: Gemeinsam unterwegs. Giuseppe Haas-Triverio und Maurits C. EscherMuseum Bruder Klaus, Sachseln, 2024.
Bei den Druckgrafiken im Bereich der christlichen Kunst spielen die Darstellungen von Bruder Klaus eine besondere Rolle. Mit Bruder Klaus hat sich der Künstler seit 1924 immer wieder beschäftigt und die landläufige Vorstellung des Landespatrons nachhaltig geprägt. Der 1946 als Wallfahrtskaplan nach Sachseln berufene Konrad Scheuber regte sogleich an, Haas-Triverio solle die Lebensstationen und Visionen von Bruder Klaus darstellen. Geplant war ein Zyklus von 15 grossformatigen Blättern; entstanden sind um 1947 zum Jahr der Heiligsprechung des Landespatrons insgesamt neun Blätter.
Nach seiner Rückkehr aus Italien in die Abgeschiedenheit von Sachseln malte und schnitt er in Holz zahlreiche Obwaldner Berglandschaften, fertigte für die Eigentümer eigentliche «Porträts» von Häusern an. Zudem hat Giuseppe Haas-Triverio in Linol- und Holzschnitt eine Vielzahl von Ex Libris geschaffen sowie zahlreiche Illustrationen und Gebrauchsgrafiken von hoher Qualität angefertigt.
Literatur (Auswahl)
«Bin ein Landschafter. Giuseppe Haas-Triverio 1889–1963»
mit Texten von Martina Akermann, Urs-Beat Frei, Roswitha Schild, Nina Stössinger, Nathalie Unternährer, hrsg. von der Stiftung Giuseppe Haas-Triverio. Verlag Martin Wallimann, Alpnach 2013.
Angelo Garovi, «Giuseppe Haas-Triverio», in: Obwaldner Brattig 1990, Alpnach Dorf [1990], S. 97–100
Angelo Garovi, «Maurits Cornelis Escher und Giuseppe Haas-Triverio in Italien», in: Obwaldner Brattig 1996, Alpnach Dorf [1996], S. 97–101
Romano Cuonz, «Unvergesslicher Meister des Holzschnittes», in: Obwaldner Wochenblatt, 13. Februar 2009, S. 4 (online; PDF)
Gemeinsam unterwegs. Giuseppe Haas-Triverio und Maurits C. Escher, mit einem Beitrag von Beat Stutzer und den Reisetagebüchern von Haas-Triverio in die Abruzzen (1929) und nach Sizilien (1932), Scheidegger & Spiess, Zürich 2024
Ausstellungen (Auswahl)
1918
Rom, Esposizione di Belle Arti della Società Amatori e Cultori, März–Juni
1921
Rom, Mostra di Xilografie del pittore svizzero G. Haas-Triverio, Circolo Svizzero, Palazzo Moroni, Salita S. Nicola da Tolentino, 1, 23.4.–2.5.
1923
Sarnen, Erste Obwaldnerische Kunst- und Gewerbe-Ausstellung, 28.7.–20.8.
1924
Rom, Gruppo degli Artisti Svizzeri a Roma, Prima Mostra d’Arte. Kat.
1927
Rom, Esposizione di Pitture ed Arti Grafiche dei Pittori Haas-Triverio e Roberto Schiess, Circolo Svizzero, Salita S. Nicola da Tolentino, 1, Palazzo Moroni
1928
Los Angeles, The Ninth International Print Makers Exhibition, Los Angeles Museum, 1.-31.3.
1930
Venedig, XVII Esposizione Biennale Internazionale d’Arte, Elenco delle opere ammesse dalla Giuria alla XVIIa Biennale di Venezia, Kat.
Luzern, F. K. Basler-Kopp, R. Steiner, L. Haefliger, J. Haas-Triverio, Kunstmuseum Musegg, 31.5.–21.6., Kat.
1933
Luzern, Eröffnungsausstellung, Kunsthaus Luzern, 10.12.1933–30.03.1934
1934
Rom, Mostra Personale di Xilografie e Pitture die Giuseppe Haas-Triverio, Circolo di Roma, Palazzo Torlonia, 17.–28. April
1935
Zürich, XVI. Ausstellung Gesellschaft Schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten, Kunsthaus
1936
Rom, XV. Mostra d’Insisione Italiana Moderna del Sindacato Nazionale Fascista Belle Arti, Sezione Bianco e Nero, Abbazia
Luzern, Ausstellung der Sektion Luzern der Gesellschaft schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten anlässlich ihres 40jährigen Bestehens, Kunstmuseum Luzern, 13.9.–7.10., Kat.
1938
Genf, L’Exposition Internationale d’Art Sacré Moderne, Musée Rath, September 1938, Kat.
1940
Bern, 18. Ausstellung der Gesellschaft schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten, Kunsthalle und Schulwarte, 21.9.–27.10, Kat.
1941
Luzern, XX. Nationale Kunstausstellung, Kunstmuseum Luzern, 3.8.–14.9., Kat.
1948
Bern, XXI. Ausstellung der Gesellschaft Schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten, Kunstmuseum Bern, 17.4. – 13.6., Kat.
1949
Sachseln, Kunstausstellung von Giuseppe Haas-Triverio. Zum 60. Geburtstag, Turnhalle, 24.7.–15.8., Kat.
1950
Brunnen, 1. Kunstausstellung Urschweizer Maler und Bildhauer der Gegenwart, Kursaal, 20.8.–20.9.
1953
Biella, Mostra Personale di Silografie di G. Haas-Triverio, Cornice, piazza Fiume, 17.10.–1.11., Kat. Wien, Schweizerische Graphik der Gegenwart, Ausstellung der Stiftung Pro Helvetia, Albertina, April–Mai, Kat.
1956
Kerns, II. Kunstausstellung der Urschweiz, Schulhaus, 12.8.–2.9., Kat.
1957
Luzern, Moderne Kunst der Innerschweiz, Kunstmuseum Luzern, 15.6.–15.9., Kat.
1961
Luzern, Schweizerische Kunstausstellung, Kunstmuseum Luzern, 24.6.–30.7., Kat.
1964
Sachseln, Gedächtnisausstellung, Altes Schulhaus, 5.–15.12.
1977
Sachseln, G. Haas-Triverio 1889–1963. Zeichnungen, Holzschnitte, Ölbilder, Kellergalerie, Museum Bruder Klaus, 21.5.–Ende Juni, Kat.
1989
Sachseln, Gedenkausstellung zum 100. Geburtstag des Malers und Holzschneiders Giuseppe Haas-Triverio, Gemeindehaus, Museum Bruder Klaus, 26.8.–22.10., Kat.
2013
Sarnen, Von der Skala der Schwarz-Weiss-Töne. Holzschnitte von Giuseppe Haas-Triverio (1889–1963), Historisches Museum Obwalden, 17.8.–30.11.
Engelberg, Und bläulich der Schatten... Die Malerei des Xylographen Haas-Triverio (1889–1963), Tal Museum, 25.5.–25.8., Buchpublikation
2024
Sachseln, Gemeinsam unterwegs. Giuseppe Haas-Triverio und Maurits C. Escher, Museum Bruder Klaus, Buchpublikation mit ausführlichem Ausstellungsverzeichnis
Werke in öffentlichem Besitz
Eidgenössische Gottfried Keller-Stiftung
Gemeinde Kerns
Gemeinde Sachseln
Graphische Sammlung ETH, Zürich
Kanton Obwalden
Literaturarchiv Bern
Obwaldner Kantonalbank
Stiftung Meinrad Burch-Korrodi, Sarnen